Geschichte
Die beiden Inselteile auf der Karte Borkums von Karl Ludwig von Le Coq, 1805
Die Ostfriesischen Inseln und damit auch Borkum entstanden vermutlich in der Zeit um Christi Geburt.[25] Zunächst waren es einfache Hochsände, aus denen sich allmählich die heutigen Inseln entwickelten, die dann im Verlauf des Mittelalters besiedelt wurden. Funde aus früheren Perioden liegen bis dato nicht vor.
Die erste archäologische Ausgrabung war 2008 im Bereich des alten Borkumer Kirchhofes, dem Ortsmittelpunkt bis zur Aufgabe der Kirche.[26]
Mittelalter
In den Jahren 1227 und 1270 ankerten Kreuzfahrerflotten vor der Insel, um dort auf besseres Wetter zu warten. Ob die Insel seinerzeit schon bewohnt war, ist unklar. Eine Bevölkerung wird erstmals um 1406 in einem Friedensvertrag mit der Hanse genannt.[25]
Von den Cirksena zu den Preußen
Ab 1464 stand Borkum unter der Regentschaft der Grafen von Ostfriesland. Als Groningen 1594 den Sieben Niederlanden beitreten musste, entstand so die politische Teilung in ost- und westfriesische Inseln. Nach dem Tod von Fürst Carl Edzard, dem letzten männlichen Vertreter des Hauses Cirksena, fiel Ostfriesland, und damit Borkum, im Jahr 1744 auf Grund der 1694 von Kaiser Leopold I., dem Kurfürsten von Brandenburg Friedrich III., später König Friedrich I. von Preußen, erteilten Anwartschaft an das Königreich Preußen. Nach dem Frieden von Tilsit wurde Borkum von 1807 bis 1810 Teil des Königreichs Holland und bis 1813 Teil des Kaiserreichs Frankreich. Zu dieser Zeit wurde zur Durchsetzung der Kontinentalsperre eine französische Küstenbatterie errichtet.[27] Mit dem Ende der Befreiungskriege 1813 fiel Borkum an Preußen zurück. Bereits 1815 wurde die Insel nach dem Wiener Kongress dem Königreich Hannover zugesprochen. Als der hannoversche König Georg V. nach dem Prager Frieden von 1866 entthront wurde, fiel Ostfriesland und damit Borkum wieder an Preußen.
Anfang des 18. Jahrhunderts entdeckte die Borkumer Inselbevölkerung die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Walfangs für sich.[28] In jedem Jahr fuhren zwischen 150 und 300 Männer hinaus auf See, um nahe Grönland und in der Davisstraße Jagd auf Wale zu machen. Für das Jahr 1747 sind zwölf Borkumer Kapitäne überliefert, für das Jahr 1782 etwa dreißig. Außerdem fuhren vom zwölfjährigen Schiffsjungen bis zum 70-jährigen erfahrenen Greis die Besatzungen auf Schiffen, die zumeist auf Rechnung von niederländischen, hamburgischen, Altonaer oder Emder Reedern unterwegs waren. An erster Stelle sind dabei niederländische Auftraggeber zu nennen, was in erster Linie auf die geografische Nähe zum Nachbarland, aber auch durch die gemeinsame Sprache zurückzuführen ist – wie im gesamten westlichen Ostfriesland war Niederländisch seinerzeit die Standardsprache der Borkumer.[29]:89
Einen herben Rückschlag, der die Insel für Jahrzehnte wirtschaftlich zurückwarf und weite Teile der Bevölkerung in größte Armut versetzte, war der Ausbruch des Englisch-Niederländischen Seekrieges, der von 1780 bis 1784 dauerte. 1782 gerieten sämtliche Borkumer Grönlandfahrer für ein Jahr in britische Gefangenschaft, aus der sie ohne ihre Schiffe entlassen wurden. Außerdem verunglückten im selben Jahr drei Schiffe, deren Besatzungen größtenteils von der Insel stammten, so dass allein wegen dieser Unglücksfälle mehr als 50 Witwen und Waisen ohne den Haupternährer zurückblieben. Von diesen Schlägen hat sich der Borkumer Walfang nie erholt und wurde schließlich eingestellt. Viele der Walfänger wanderten nach Hamburg oder Altona aus, in der Hoffnung, unter deren neutralen Flaggen ihren Beruf weiterhin ausüben zu können.[29]:89
Verbindung der beiden Inselteile
Durch Sand- und Schlickanhäufung verengte sich ab 1830 der Priel Tüskendör („Zwischendurch“) zwischen den beiden Inselteilen Westland und Ostland. Zusätzlich wurden von der lokalen Bevölkerung Anstrengungen unternommen, diesen natürlichen Prozess durch Strohbündel und Anpflanzungen zu beschleunigen. Auf Initiative der zuständigen Regierung in Hannover gelang es schließlich in den Jahren 1863/1864, mit Hilfe zusätzlicher Arbeitskräfte vom Festland die Lücke durch Errichtung eines Damms zu schließen. Dieser Inselbereich „Interwall“ wurde später dann fälschlich zu „Hinterwall“.
Entwicklung zum Seebad nach 1830
Nachdem Norderney bereits im Jahr 1797 zum Staatlichen Seebad geworden war und die Insel in der Folge einen wirtschaftlichen Aufschwung nahm, folgten Borkum als zweite der ostfriesischen Inseln diesem Trend. Zunächst noch sporadisch wurden Gäste mit den Fährschiffen auf die Insel gefahren, zumeist von Greetsiel aus, dem Amtssitz des Amtes Greetsiel, zu dem Borkum seinerzeit gehörte. 1843 wurde in Emden die Dampfschifffahrtsgesellschaft Concordia gegründet, die in der Folge einen regelmäßigen Fährbetrieb zwischen der Seehafenstadt, Delfzijl, Borkum und Norderney aufnahm. Die von Wind und Wetter abhängigen Inselfährleute mit ihren Segelbooten hatten den Dampfschiffen vor allem in puncto Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit wenig entgegenzusetzen. Die Segel-Fährverbindung mit Greetsiel wurde eingestellt, seither ist Emden der deutsche Fährhafen für Borkum. Die Eröffnung der Hannoverschen Westbahn von Rheine nach Emden mit Anschlüssen nach Osnabrück und Hannover sowie nach Westfalen brachten dem aufstrebenden Tourismusgeschäft zusätzliche Impulse.[29]:100
Gesundheitliche Gründe führten den Ornithologen Ferdinand von Droste zu Hülshoff zwischen 1863 und 1868 mehrfach auf die Insel. Während dieser Erholungsaufenthalte entstand seine 1869 erschienene Beschreibung der Vogelwelt von Borkum,[30] die er im Selbstverlag herausbrachte und die die Insel und ihre Vogelwelt über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt machte.
Kaiserzeit und Erster Weltkrieg
Am 15. Juni 1888 nahmen die Borkumer Kleinbahn und der neue Hafen den Betrieb auf. Erst diese bequeme Anbindung ermöglichte es Borkum, zu einem bedeutenden Seebad aufzusteigen.[31]
Im Jahr 1900 erfolgte mit der Küstenfunkstelle Borkum die Errichtung der ersten amtlich betriebenen Küstenfunkstelle der Welt. Betrieben wurde sie von der Reichspost. Die erste Kommunikationsübertragung erfolgte zwischen der Küstenfunkstelle und dem Passagierdampfer des Norddeutschen Lloyd Kaiser Wilhelm der Große. Die übertragenen Seefunktelegramme wurden über das vor Borkum liegende Feuerschiff Borkumriff zur Funkstation auf der Insel Borkum übermittelt. Anschließend erfolgte die Weitervermittlung in das Festlandnetz.
Im Jahr 1902 wurde Borkum durch Kaiser Wilhelm II. wegen der exponierten Lage der Status einer Seefestung verliehen. Die Insel wurde mit Geschützstellungen und Bunkern versehen und eine eigene Marinebahn, die Ostlandbahn an die Borkumer Kleinbahn angeschlossen. Die Streckenlänge auf der Insel wuchs so im Laufe der Zeit auf über 40 Kilometer an, die Stammstrecke der Borkumer Kleinbahn wurde zweigleisig ausgebaut. Sie ist die einzige Schmalspurbahn mit zweigleisigem Betrieb in Niedersachsen.
Am 7. Januar 1918 strandeten aufgrund eines starken Sturms und mangelnder Navigationshilfen fünf Vorpostenboote der heimkehrenden Ems-Flottille auf dem Borkumriff. Drei der Boote kamen wieder frei, während die Bürgermeister Pauli und die Lister Tief auf dem Riff verblieben. Aufgrund der heftigen Brandung konnte das Borkumer Rettungsboot Otto Hass nicht zu den beiden Booten vordringen, so dass schließlich das niederländischeMotorrettungsboot C. N. de Tex zum Einsatz kam. Trotzdem starben 21 Besatzungsmitglieder beider Boote. Während das Wrack der Lister Tief später vor Ort abgebrochen wurde, ist ein ähnlicher Vorgang von der Bürgermeister Pauli nicht überliefert.
Antisemitismus auf Borkum
Schon frühzeitig und im Rahmen des Bäder-Antisemitismus erwarb sich Borkum mit dem Prädikat „judenfrei“ eine besondere Stellung. Grußpostkarten hoben die Ablehnung von Juden hervor.[32] Im Inselführer für Borkum aus dem Jahr 1897 warb man damit, „judenfrei“ zu sein. Man ersann das „Borkumlied“[33], das täglich von der Kurkapelle gespielt und von den Gästen gesungen wurde. Darin heißt es:
„An Borkums Strand nur Deutschtum gilt, nur deutsch ist das Panier. Wir halten rein den Ehrenschild Germania für und für! Doch wer dir naht mit platten Füßen, mit Nasen krumm und Haaren kraus, der soll nicht deinen Strand genießen, der muß hinaus, der muß hinaus!“
Borkum war als Hochburg der Antisemiten bekannt.[34] An Hotels hingen Schilder mit der Aufschrift „Juden und Hunde dürfen hier nicht herein!“, innen gab es einen „Fahrplan zwischen Borkum und Jerusalem (Retourkarten werden nicht ausgegeben)“. Ein 1910 erschienener Reiseführer über die Nordseebäder riet „Israeliten“ vor allem vom Besuch Borkums ab, „da sie sonst gewärtig sein müssen, von den zum Teil sehr antisemitischen Besuchern in rücksichtslosester Weise belästigt zu werden.“
Im Rahmen vereinzelter Versuche, dem offenen Antisemitismus Einhalt zu gebieten, verbot die Bezirksregierung in Aurich 1924 das Spielen des „Borkumliedes“. Man setzte Polizei ein, um dieses Verbot auch durchzusetzen. Doch das Amtsgericht Emden und danach auch das preußische Oberverwaltungsgericht hoben das Spielverbot wieder auf. Da sich das polizeiliche Verbot gegen die Kurkapelle richtete und die Melodie auch als Grundlage für andere Texte diente, bringe das instrumentale Abspielen des Liedes keine Verantwortung für den Inhalt des Borkumliedes mit sich.[34]
Weimarer Republik
Auch in dieser Zeit wurde das Borkumlied gespielt, in dem es nun unter anderem hieß:
„Borkum, der Nordsee schönste Zier, bleib du von Juden rein, laß Rosenthal und Levinsohn in Norderney allein.“
– Textstelle aus dem Borkumlied
Während das Borkumlied vor dem Ersten Weltkrieg vor allem antisemitische Klischees ohne direkte Erwähnung von Juden verwendete, wurden die Versionen nun direkter und hetzten offen gegen Juden und verkündeten Borkum als „judenfrei“. Mit dem offen zur Schau getragenen Antisemitismus gewann Borkum „völkisch-nationale“ Gäste und setzte Rassenhetze im Konkurrenzkampf gegen das Seebad Norderney ein. Antisemitische Zwischenfälle häuften sich, als von 1920 an der „Borkum-Pastor“ und spätere „Reichsredner der NSDAP“ Ludwig Münchmeyer mit aggressiven Hetzreden auftrat.
Im Zuge der preußischen Kreisreform 1932 wurde die Insel Borkum am 1. Oktober 1932 aus dem aufgelösten Kreis Emden ausgegliedert. Überlegungen, die Insel dem Landkreis Leer oder dem Landkreis Norden anzugliedern, endeten mit dem Anschluss an Leer. Ausschlaggebend dafür war, dass die Verbindung von Borkum per Schiff nach Emden und anschließend weiter per Bahn in die Kreisstädte für das etwas näher gelegene Leer sprach. Borkum und Lütje Hörn sind die einzigen Inseln im Landkreis Leer, der ansonsten nur aus Festlandsgemeinden besteht und zudem wenig Küstenstreifen aufweist.
Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Am 19./20. Dezember 1934 wurden zwei Exemplare der A2-Rakete, genannt „Max“ und „Moritz“, in der Nähe der Ostbake gestartet. Die vom Raketenpionier Wernher von Braun entwickelten Flüssigkeitsraketentriebwerke waren weltweit die ersten, die eine Höhe von über zwei Kilometern erreichten und den Grundstein für die späteren Großraketen legten. Nach den erfolgreichen Borkumer Tests wurde die deutsche Raketenforschung in Peenemünde fortgesetzt.
Am 4. August 1944 musste ein US-amerikanischer Bomber vom Typ Boeing B 17 G („Flying Fortress“) der 486. Bombardement Group am Nordstrand von Borkum notlanden. Die sieben an Bord verbliebenen US-amerikanischen Besatzungsmitglieder wurden unmittelbar nach der geglückten Notlandunggefangen genommen. Entgegen den internationalen Abkommen über die Behandlung von Kriegsgefangenen in der Gefangenschaft wurden die US-Soldaten zunächst schwer misshandelt und dann durch einen zufällig anwesenden Soldaten des Heeres auf Borkum ermordet (siehe: Fliegermorde (Borkum)). Die deutsche Wachmannschaft der US-Soldaten half den ihrer Obhut unterstehenden Kriegsgefangenen nicht. Anfang 1946 wurde 15 beteiligten Personen in Ludwigsburg der Prozess gemacht und mehrere Todesurteile sowie Haftstrafen verhängt. Am 4. August 2003 wurde auf dem Platz mit dem Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkrieges der Insel Borkum ein zusätzlicher Gedenkstein zum Gedenken an die sieben getöteten Mitglieder der Bomberbesatzung enthüllt.
Nach 1945
Die alliierten Besatzungstruppen schleiften nach Kriegsende die zahlreichen Bunkeranlagen der Insel, woraus sich für die nun zumeist ohne Broterwerb dastehenden Insulaner die Möglichkeit ergab, die Rohstoffe der Bunkerbauten auszuschlachten. Sie entfernten in mühevoller Handarbeit die Armierungenaus dem Stahlbeton und das Kupfer aus Kommunikationsleitungen, und auch der Kies der Zufahrtswege wurde abtransportiert und aufs Festland gebracht. Reste dieser Bunker waren jedoch noch mehr als zehn Jahre nach dem Kriegsende sichtbar und wurden erst später beseitigt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begehrten die Niederlande als Kriegsentschädigung die gesamte Emsmündung inklusive der Insel Borkum. Der Hafen von Emden sollte im Zuge dieser Annexion ausgetrocknet werden. Die Pläne scheiterten an den Westalliierten, die im Angesicht der erstarkenden SowjetunionWestdeutschland nicht weiter schwächen wollten.
Die neu ernannte Gemeindevertretung der Insel sprach sich am 28. März 1946 dafür aus, die 1932 erfolgte Eingliederung Borkums in den Landkreis Leer rückgängig zu machen. Die Distanz zwischen der Insel und der Kreisstadt Leer sei zu groß, der Besuch des Kreishauses in Leer sei eine Angelegenheit von zwei Tagen für die Borkumer: per Schiff nach Emden und von dort per Bahn nach Leer und retour am nächsten Tag. Vielmehr solle die Insel der Stadt Emden angegliedert werden, ihrem Fährhafen. Der Wunsch stieß in Emden auf offene Ohren. Kommunalrechtliche Bedenken, eine Gemeinde einer Kreisstadt anzugliedern, wurden in Emden dahingehend beantwortet, dass die Verwaltung nach dem Krieg ohnehin reformiert werde und somit eine Gemeinde auch Teil einer kreisfreien Stadt werden könnte. Der Leeraner Kreistag sprach sich jedoch mit knapper Mehrheit gegen den Wunsch der Borkumer aus. Die Insel ist somit ein Teil des Landkreises Leer geblieben und gehört seit 1946 zum damals neu gegründeten BundeslandNiedersachsen. Das Stadtrecht erhielt die Gemeinde Borkum 1954.
Da die Insel im Krieg nur sehr wenige Zerstörungen zu verzeichnen hatte, nahm Borkum nach 1945 viele Ostvertriebene auf. 1946 waren von den insgesamt 6120 Einwohnern 1093 Personen (entspricht 17,9 %) Flüchtlinge. Die Zahl wuchs bis 1950 jedoch noch deutlich: Damals waren von 6215 Einwohnern 1404 Flüchtlinge, die Quote stieg auf 22,6 %.Eine Besonderheit Borkums lag im hohen Anteil von katholischen Flüchtlingen, die zumeist aus Schlesien stammten. Auf Borkum überstieg die Zahl der katholischen Flüchtlinge diejenige der evangelischen Flüchtlinge um das Sechsfache. Diese Ballung geht vermutlich auf das Betreiben des Flüchtlingspfarrers Leo Christoph in Aurich zurück, der die katholischen Flüchtlinge in der stark protestantisch geprägten Diaspora Ostfriesland möglichst an wenigen Orten konzentrieren wollte, um die Seelsorge zu gewährleisten. Dies war in anderen Regionen Ostfrieslands wegen deren Verkehrsferne oft nicht möglich.
Die ersten Badegäste kamen erst 1947 wieder auf die Insel. Wie überall in Deutschland vor der Währungsreform 1948 bezahlten sie ihren Aufenthalt nicht mit Bargeld, sondern in Naturalien: „Für Kartoffeln oder Gemüse, Fleisch oder Eier gibt es Urlaubstage in frischer Seeluft.“[43]
Ab 1958 war die Insel erneut Standort der Marine: Zwei Jahre nach Aufstellung der Bundeswehr zogen die ersten Einheiten auf den neu gebauten Marinestützpunkt Borkum ein. Die meisten Einheiten gehörten der Amphibischen Gruppe an. Als letzte Einheit zog 1996 die Seemannschaftslehrgruppe ab, seitdem ist Borkum nur noch ein kleiner Marinestandort. Doch für den SAR-Einsatz wird der Hubschrauberlandeplatz, welchen das Marinefliegergeschwader 5 mit Hauptstandort in Nordholz auf dem verbliebenen Marinegelände betreibt, noch genutzt.
Einwohnerentwicklung
Im 18. Jahrhundert stieg die Einwohnerzahl Borkums kontinuierlich an, da der Walfang vielen Borkumern Wohlstand brachte. Im 19. Jahrhundert ließ der Walfang zunächst nach und wurde auf Grund des Holländisch-Englischen Seekriegs endgültig eingestellt. In der Folge setzte auf der Insel Armut ein und viele Einwohner verließen ihre Heimat. Die Einwohnerzahl erreichte gegen 1811 einen Tiefstand von 406 Personen. Nach der Ausrichtung Borkums als Badeort stieg die Einwohnerzahl ab 1850 wieder an. Die Einwohnerzahl erreichte 1975 einen Höchststand von 8495 Einwohnern. Der starke Rückgang zwischen 1980 und 1990 erklärt sich durch die unterschiedliche Zählweise vor allem bei Zweitwohnungsbesitzern.
Jahr 1821 1848 1871 1885 1905 1925 1933 1939 1946 1950 1956 1961 1970 1980 1990 2000 2005 2010 2015
Einwohnerzahl 485 421 573 898 2258 4950 3977 5499 5976 6215 5199 5784 6051 8185 5714 5650 5513 5158 5473
Quelle[41]
Entwicklung des Gemeindenamens
Der Inselname taucht erstmals bei Strabon (* etwa 63 v. Chr.; † nach 23 n. Chr.) auf. Er nennt in seiner Geographie eine unbestimmte Anzahl der ostfriesischen Küste vorgelagerter Inseln, von denen eine Byrchanis heiße. Plinius der Ältere erwähnt in seiner um 77 n. Chr. entstandenen Naturalis historia Inseln vor der Nordseeküste und unter deren bekanntesten („insulae nobilissimae“) an erster Stelle Burcana,[44] über deren genaue Lage aber nichts weiter bekannt ist. Sie wird von der modernen Forschung mit der um 1743 untergegangenen Insel Bant in Verbindung gebracht.[25]
Namentlich erwähnt wurde die heutige Insel erstmals 1227 als Borkna, dann 1398 als Borkyn, seit 1554 ist die Bezeichnung Borkum geläufig. Der Name hat sich vermutlich aus dem altnordischenburkn für Farnkraut (vgl. Isländisch: Burkni = Brombeergestrüpp) entwickelt, dem später noch die Endung -um für Heim angehängt wurde.[45]
Religionen
Die Borkumer Bevölkerung war unter dem politischen und kulturellen Einfluss der Niederlande seit der Reformation vorwiegend evangelisch-reformiert. Das erste evangelische Gotteshaus wurde 1550 errichtet. Anders als auf dem Festland galt auf der Insel das landesherrliche Patronatsrecht.[46] Die heutige Reformierte Kirche im Stil der Neugotik datiert von 1896/1897 und bietet 800 Besuchern Platz. Regelmäßig finden Konzerte auf der Schuke-Orgel statt. Sie ist die einzige reformierte Inselkirche in Ostfriesland. Die Gemeinde hat etwa 1800 Mitglieder und gehört zum Synodalverband Nördliches Ostfriesland innerhalb der Evangelisch-reformierten Kirche.[47]
Erst durch den im 19. Jahrhundert einsetzenden Bädertourismus kam es zum Zuzug von evangelisch-lutherischen und katholischen Bevölkerungsgruppen. Die Betreuung der evangelisch-lutherischen Bevölkerung erfolgte zunächst durch den ortsansässigen reformierten Pfarrer. Erst am 1. Oktober 1903 wurde die evangelisch-lutherische Christuskirchengemeinde gegründet, die 1908 die erste Pfarrstelle einrichtete und im Jahr 1899 nach nur elf Wochen Bauzeit die Christuskirche fertigstellte.[48] Etwa 1200 Mitglieder gehören zur Gemeinde, die Teil des lutherischen Kirchenkreises Emden-Leer innerhalb der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers ist.
Neben den beiden protestantischen Gemeinden gibt es die römisch-katholische Kirche. Maria Meeresstern wurde 1880 bis 1882 als neugotische Kapelle errichtet, erfuhr aber drei Erweiterungsumbauten, sodass sie nun über 450 Plätze verfügt. Die Gemeinde hat etwa 800 Mitglieder und bildet seit 2014 mit der Gemeinde „Christ König“ in Emden eine Pfarreiengemeinschaft,[49] die zum Dekanat Ostfriesland im Bistum Osnabrück gehört.
Die drei Gemeinden pflegen eine aktive Ökumene.
Daneben gibt es auf Borkum eine Neuapostolische Kirche,[50] den 1976 eingeweihten Königreichssaal der Zeugen Jehovas[51] und einen Versammlungsraum der Brüderbewegung.[52]
#Qelle https://de.wikipedia.org/wiki/Borkum